Bodyshaming #diverserdonnerstag

Als Bodyshaming bzw. Body-Shaming werden vor allem in sozialen Netzwerken abwertende Äußerungen über das Aussehen Anderer bezeichnet. Früher gabs das aber auch im Real Life, überwiegend, aber nicht nur hinterm Rücken der betreffenden Personen. (Wikipedia)

Persönliche Erfahrungen

Ich schäme mich zwar noch manchmal für meinen Körper wegen trans*, was ich nicht müsste, aber gar nicht wegen meines Übergewichts (was ich sollte, denn fürs Abnehmen bin ich selbst verantwortlich).
Mit Fatshaming habe ich sehr viel mehr Erfahrung.

Bei einem Besuch bei [ichsagnichtwem] vergeht kein Tag ohne Sticheleien bzgl. meines Übergewichts, zum Beispiel: „Geht die Jacke überhaupt noch zu?“, als mir einfach nicht kalt war. Ich bin sehr froh, dass ich mit 42 Jahren alt genug bin, um alleine shoppen zu gehen. Das sind auch die einzigen Gelegenheiten, in denen ich mir meiner Ausmaße bewusst werde, da der Spiegel seit dem letzten Umzug immer noch unausgepackt im Keller steht …

Angefangen hat es in der Grundschule. Damals wurde ich schon in abwertender Weise als fett bezeichnet („fette Sau“), als ich noch Normalgewicht hatte. Aber ich glaubte den Worten. Irgendwie wuchs ich rein in die Rolle des Übergewichtigen, als es noch gar nicht da war. Besonders in der Pubertät hatte ich darunter zu leiden, dass andere mit meinem Aussehen nicht zufrieden waren – ich selbst war es ja auch nicht! Vor allem die dicken Oberschenkel machten mir zu schaffen, die sich in typisch weiblicher Form immer mehr ausprägten.

Das überschüssige Fett war und ist für mich jedoch auch ein Schutzpanzer und ließ mich ab einer gewissen Masse in einer Art geschlechtsneutralem Kokon verschwinden. Als ich schlank war (Kleidergröße 38/36), wurde ich deutlich spürbar sexualisiert, was ich mit meinen sonst üblichen 120kg aufwärts so gar nicht gewohnt war. Männer hofierten mich plötzlich und machten mir Komplimente zu meiner Figur – auch solche, die viel zu alt für mich waren.

Gibt es auch Gendershaming?

Eine Kollegin kommentierte meinen Gang mit „Du gehst wie ein Bauer!“, was ich eigentlich schon als Kompliment aufnahm (Bloß nicht weiblich wirken!) und brachte mir einen femininen Hüftschwung bei, worüber ich heute lachen und immer noch den Kopf schütteln muss. Auch meine Schuhe waren ihr nicht genehm.
Die von meiner Mutter üblicherweise als „Flurschadenbretter“ (Ich wusste damals nicht, was ein Flurschaden ist und dachte an den Gang auf der ersten Etage unseres Hauses.) bezeichneten Schuhe im DocMartens-Style waren laut meiner Kollegin, viel zu männlich für eine Frau. Was für ein Quatsch! Schuhe haben doch kein Geschlecht.
Ich ließ mich von ihr sogar dazu nötigen, für die Verleihung unserer Ausbildungszeugnisse Pumps anzuschaffen, worin ich mir blutige Hacken lief. („Ja, weißt du denn nicht, dass man Pflaster hinten reinkleben muss?“) Meine (männlichen) Kollegen glotzten mich in dem eigens angeschafften Hosenanzug blöde an und brachten ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass ich darin gut aussehe, als ob sie gar nicht erwartet hätten, dass das in meinem Fall überhaupt möglich sei.
Nun ja, ich bin immer noch der Typ für Jeans & T-Shirt, auch wenn ich bei gegebenem Anlass gerne mal einen Schlips trage, was damals sicherlich vermessen gewesen wäre.

Ich könnte die Liste munter fortsetzen …

Einmal habe ich mich im Bus gedankenverloren an der Schläfe gekratzt und eine Frau mit Kinderwagen hat angeekelt das Gesicht verzogen und einen Satz rückwärts gemacht. Schuppenflechte, auch bekannt als Psoriasis bzw. wie in meinem Fall Psoriasisarthritis.
Sogar ein Friseur fragte mich einmal, was das sei und ob ich damit schon im Krankenhaus gewesen sei. Ein anderer fragte zweimal nach, ob das auch wirklich nicht ansteckend sei. Ist es nicht, es wird vererbt.

Umgang damit in meinen Geschichten

Bei mir sind es, so hoffe ich doch, ausschließlich die Bösewichter, die fiese Kommentare dieser Art von sich geben und sie werden dafür geahndet. Es kann höchstens sein, dass ich manches so dermaßen internalisiert habe, dass die Figuren über sich selbst so denken. Wo ich kann, achte ich darauf, dass genau das nicht passiert.

So ist Lena aus Der Genesungsbegleiter (AT) ganz bewusst keine Frau, die sonderlich viel Wert auf ihr Äußeres legt. Ihr ist nicht wichtig, Männer zu beeindrucken, sondern sich selbst in ihrem Körper wohl zu fühlen. Ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist, das so rüberzubringen. Neulich schrieb ich noch, dass ich die unrasierten Beine wieder gestrichen habe. Warum tat ich das? Weil mir ein Probeleser das mit „wurgsl“ kommentiert hat.

Und genau DAS IST BODYSHAMING in der Literatur!

Wenn ich mich dem nicht widersetze, dann mache ich da mit. Und genau deshalb kommt das jetzt wieder rein. Lena hat nämlich kein Problem damit und ich finde das auch nur natürlich.
Mark wiederum hat zwei Mentorinnen an der Seite, die Übergewicht haben, und es ist einfach überhaupt kein Thema. Seine beste Freundin mag er so, wie sie ist, und seine Kollegin respektiert er, mag sie auf Anhieb, weil sie ihn an Linda erinnert. Vielleicht ein Fall von positiver Diskriminierung.

Mein Dennis aus Schwuppenplanschen hat große Narben auf der Brust, für die er sich lange geschämt hat. Er wird jedoch die Erfahrung machen dürfen, dass sein Love Interest die überhaupt nicht abschreckend findet, sondern ganz im Gegenteil.

Das sagen die anderen

Auch Amalia Zeichnerin hat Erfahrungen mit Fatshaming gemacht, kritisiert in ihrem Blog die Darstellung dicker Menschen in Büchern, den Trope „Hässliches Entlein muss erst mal abnehmen und ist erst dann des Mr. Wright würdig“ und hat sogar ein Buch mit Body Positivity geschrieben („Orangen und Schokolade“).

Offen bekennt sich lorna_bill dazu, in ihren Büchern Fehler gemacht zu haben, indem sie dicke Menschen unvorteilhaft beschrieben hat.

Zu meiner Überraschung gibt es allerdings auch Skinny Shaming, wovon lea.diamandis.autorin berichtet.

greenteatimmywrites spricht über Narben, die ihn lange Zeit belastet haben. Heute ist er mit sich im Reinen.

Generell sollte man keine Witze über Körperteile machen, findet just.melui.

Müssen wir Autor*innen uns also von den gängigen Schönheitsidealen abwenden, um unserer Verantwortung gerecht zu werden? Oder dürfen wir weiterhin die Sehnsüchte nach schönen Körpern befriedigen?

fragt rahelabebe.autorin.

Auch Zähne sind nicht immer perfekt, Hautfarben unterscheiden sich und Körper können durch Krankheiten oder Behinderungen unterschiedlich aussehen.

Gebt ihnen Makel!

fordert jessicagraves.schreibt.

mitder_feder_insherz schreibt generell nicht normschön.

Der Hashtag #diverserdonnerstag wurde ins Leben gerufen von equalwritesde. Zuletzt: trans*, nicht-binär

Euer Ingo S. Anders

Mein Blog. Folgt mir auch auf Instagram!

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