Zeugenaussage Elfriede Gerstenacker

Nach einem Vortrag zum Thema Erzählperspektiven im Rahmen unseres diesjährigen Forentreffens bekamen wir unterschiedliche Aufgaben, jeweils von derselben Situation eines Banküberfalls zu erzählen. Verschiedene Erzählperspektiven, verschiedene Perspektiven der verschiedenen Figuren. Herausgekommen sind vielfältige Ergebnisse.

Meine Aufgabe war:
Eine große Bank-Schalterhalle. Drei bewaffnete Bankräuber stürmen hinein, alle Kund:innen müssen sich auf den Boden legen, ein Bankräuber reicht einen Sack über den Tisch, der Kassierer muss ihn mit Geld füllen. Als der 2. Sack gefüllt wird, trifft die Polizei ein, doch den Bankräubern gelingt die Flucht.

Ich-Erzähler:in
(ich, der:die Kund:in)

Dies ist meine Geschichte:


Ich wollte nur mit meiner Enkelin das Geld aus der Spardose einzahlen. Wenn ich gewusst hätte, dass ausgerechnet am Weltspartag die Bank überfallen wird, hätte ich das Kind doch nie im Leben mitgenommen. Ich meine, wer tut denn so was? All die armen kleinen Dinger so in Gefahr zu bringen! Es war so furchtbar, ich mag gar nicht daran denken.
Wir kamen in die Schalterhalle, da war an jedem Schalter eine lange Schlange und ich war schon froh, dass wir nicht draußen stehen mussten bei dem Regen. Wäre es eine kleine Schalterhalle wie die am Ebertplatz, da hätten wir draußen gestanden. Aber die am Stachus ist ja wirklich groß.
Mir waren mittlerweile bis in die Mitte der Schlange vorgerückt und mir taten schon die Füße weh, sodass ich mit dem Gedanken liebäugelte, mich doch kurz auf die Bank zu setzen und die Kleine alleine – nicht auszudenken!
Denn plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und drei bewaffnete Männer stürmten in die Bank. Das waren sicher eiskalte Mörder, sonst hätten die sich doch wohl wenigstens maskiert für den Fall, dass sie von Zeugen wiedererkannt werden. Wir hatten solche Angst!
Der größte von ihnen brüllte, dies sei ein Überfall und wir sollten uns alle auf den Fliesenboden legen, ein hübsches weißes Marmormuster mit goldenen Linien übrigens, aber unangenehm kalt. Dass das dann meinen Füßen zugutekam, fällt mir jetzt erst auf, in dem Moment hatte ich natürlich anderes im Sinn. Ich bemühte mich, die weinende Marie zu beruhigen und mit meinem Körper zu schützen, falls einer der Bankräuber tatsächlich auf uns schießen würde. Mich holt der Tod ohnehin als Erste; das sollte mir dann recht sein, wenn nur das Kind am Leben blieb.
Ich konnte beobachten, dass der Mann mit den schwarzen Haaren den Kassierer mit der Waffe bedrohte, während der Blonde ihm einen Sack hinhielt, den der arme Bankangestellte mit Geld füllen musste. Der Dritte achtete darauf, dass wir alle liegen blieben. Niemand von uns sollte den Helden spielen. Er hatte schon den ersten Sack in der Hand, der zweite wurde noch befüllt, da war schon unser Freund und Helfer, die Polizei, zur Stelle. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir begriffen, dass wir jetzt in Sicherheit waren. Die Bankräuber sind zwar weggelaufen, das gibt ja neben dem Haupteingang noch drei Seitentüren, bevor die Polizei sie einfangen konnte, aber das ist mir egal. Hauptsache, wir sind gesund.

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