Ingo S. AndersRezensionen

Einmal kurz die Welt retten (Jennifer B. Wind [Hrsg.])

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Posted By Ingo S. Anders

Einmal kurz die Welt retten von Jennifer B. Wind (Hrsg.)
416 Seiten
EUR 12,00 [D] / EUR 12,40 [A]
ISBN 978-3-8392-0128-2

Einmal kurz die Welt retten, Jennifer B. Wind (Hrsg.)

Ich habe ein Printexemplar vom Gmeiner-Verlag erhalten, gerade einen Tag vor der Veröffentlichung am 9. März, für das ich mich bedanke. Eine Erkältung hat dazu beigetragen, dass ich für die Lektüre länger gebraucht habe als gedacht.

Die meisten der Autor:innen rannten bei mir offene Türen ein, da ich noch die Hoffnung habe, dass wir etwas tun könnten, wenn wir es nur wollten. Bis auf eine Ausnahme fühlte ich mich gut unterhalten und habe die Geschichten sehr gerne gelesen.

Weiße Schrift auf schwarzem Grund: EINE MINUTE VOR ZWÖLF Die Welt steht vor dem Kollaps. Den führenden Wissenschaftlern zufolge werden im Jahr 2052 wichtige Ressourcen aufgebraucht und große Teile der Welt aufgrund des Klimawandels unbewohnbar sein. Milliarden Menschen drohen Obdachlosigkeit, Hunger und Armut. 24 dramatische, sarkastische, skurrile und tiefsinnige Kurzgeschichten deutschsprachiger Topautorinnen und -autoren widmen sich den drängendsten Themen unserer Zeit und regen zum Nachdenken an. Sie sind ein Appell an uns alle: Der Kampf um das Morgen muss heute beginnen!

24 Texte die unterhalten, zum Nachdenken anregen und aufzeigen, wie eine Wende zum Guten (noch) möglich sein kann!

Mit Geschichten von Dieter Aurass, Raoul Biltgen, Veronika A. Grager, Anne Grießer, Petra K. Gungl, Reinhard Kleindl, Regine Kölpin, Beatrix Klamlovsky, Uwe Laub, Mari März, Günter Neuwirth, Regina Schleheck, Claudia Schmid, Ursula Schmid-Spreer, Ingrid Schmitz, Alex Thomas, Heidi Troi, Eva Maria Nielsen, Fenna Williams, Barbara Wimmer, Janet Zentel, und Jennifer B. Wind
Einmal kurz die Welt retten, Jennifer B. Wind (Hrsg), Buchrückseite

Die Anthologie umfasst 24 Geschichten, die in 12 Kapitel gegliedert sind, dazu ein Vor- und ein Nachwort der Herausgeberin sowie eine Danksagung und am Schluss die Vitae der einzelnen Autor:innen.

Alle Geschichten spielen in der Zukunft, die meisten im Jahr 2052 in einer utopischen oder dystopischen Welt, in der sich das Leben auf der Erde auf drastische Weise verändert hat.

Bevor es mit den Geschichten losgeht, überrascht „Einmal kurz die Welt retten“ mit einem Songtext. An dieser Stelle habe ich mich gefragt, ob man den Song im ebook vielleicht hören kann?

Zu jeder Geschichte gibt es nicht nur ein kurzes Vorwort, sondern auch jeweils Hintergrundfakten zur Geschichte, teilweise mit Fußnoten, die u.a. Weblinks zum nachlesen enthalten.
Ein weiteres Detail sind liebevoll gestaltete Illustrationen und Szenentrenner.

Cybergangster und sprechende Toaster

Beim Kapitel „Gefährliche Cyberwelt“ war ich skeptisch, da ich sehr technikaffin bin und Menschen, die aus Angst ihre Kamera am Laptop oder gar am Handy das Mikrofon abkleben, bisher als Psychotiker bzw. Opfer von Verschwörungstheoretikern angesehen und gedanklich schon mit einem Aluhut ausgestattet habe. Dennoch konnten mich Barbara Wimmer und Reinhard Kleindl überzeugen. Es ist gut so, dass ich keine Alexa habe. Jetzt muss ich nur noch prüfen, ob sie nicht in meinem Fernseher schon längst eingebaut ist …

Zu den einzelnen Geschichten

(Keine vollständige Inhaltszusammenfassung.)

Beckmeisters Geschäfte (Katja Brandis)

Gleich bei der ersten Geschichte durfte ich herzlich lachen. Quentin Beckmeister lässt sich von seiner Assistentin Lunita, die er wie eine Leibeigene behandelt, in einer Elektro-Fahrrad-Rikscha von Dorf zu Dorf kutschieren, um dort den internetlos unwissenden Bewohnern angebliche Medikamente aufzuschwatzen – darunter auch Insulin.

Der Schreibstil sowie das Ende haben mir ausgesprochen gut gefallen.

VITA PRO VITA (Petra K. Gungl)

Tanja ist eine der wenigen Frauen, die noch schwanger werden können und sie verdient mangels Alternativen damit ihr Geld als minutiös überwachte Leihmutter. Auf mich wirkte die Schwangerschaft nicht nur einfühlsam erzählt, sondern auch authentisch beschrieben, wenngleich ich letzteres nicht beurteilen kann. Der Hauptkonflikt liegt auf der Hand: Sie will das Kind behalten, als es soweit ist.

Nach der Flut (Uwe Laub)

Eine Gruppe Touristen taucht durch Kiel, was sehr schön szenisch beschrieben wurde. In meinem Kopf entstand sofort ein Film und so geriet ein anfangs beiläufig erwähntes Detail in Vergessenheit, das am Ende ganz plötzlich relevant wurde. Schade, dass ich nicht weiter durch die Stadt tauchen durfte!

Was ich nicht verstehe: Naomi macht Finn an. Finn gibt nach und geht mit ihr in die Kiste, es gefällt ihm. Naomis Freund Liam, der sein bester Kumpel ist, sagt er nichts. „Vielleicht morgen.“ Warum? Schreibhandwerklich verstehe ich das sehr wohl, aber ich kann dieses Motiv der Eifersucht nicht nachvollziehen und es ermüdet mich ehrlich gesagt auch so langsam. Wenn ich Sterne vergeben müsste, würde ich dafür vielleicht einen halben abziehen. 😉

Die Bienenkönigin (Claudia Schmid)

In diesem Szenario schwimmen vor den Deichen der Küstenstadt bepflanzte künstliche Inseln, die von den Städtern emsig gehegt und gepflegt werden, weil sie dafür Bonuspunkte bekommen (Geld gibt es nicht mehr). Aber das nur am Rande.

Rena ist Ingenieurin und mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut, die dazu beitragen sollen, dass der Deich, der die Stadt vor der Ostsee schützt, intakt bleibt. Man kann mit dem Auto über eine Brücke, die in einen Tunnel übergeht, bis in die Stadt hineinfahren. Bricht der Deich, säuft die ganze Stadt ab. So habe ich mir das vorgestellt.

Nun hat Rena einen Freund von außerhalb, für den sie bürgt, der bei ihr wohnt und so auch Zugriff auf elektronische Geräte hat, die eigentlich nur für sie bestimmt sind. Der Kühlschrank, der sich automatisch auffüllt, ist wohl das harmloseste davon. In einem Klappentext müsste ich jetzt wohl fragen: Nutzt Jens es aus, dass Liebe blind macht?

Harzer Wasser: Egal! (Fenna Williams)

Ein privates Unternehmen pumpt das Quellwasser des Harzes in hunderte Kilometer entfernt liegende Städte, weil die Menschen dort mehr dafür zahlen können als die am Quellort. Aktivistin Zoe kämpft mit allen Mitteln dagegen an.

Die Harzer-Heimat-Partei war mir etwas suspekt, der Held der Stunde war mir dagegen sehr sympathisch. Eine kleine Geschichtslektion ist auch in dieser Geschichte versteckt.

Kristallisationskerne (Anne Grießer)

Dieser an einen Jochen gerichtete amüsante Monolog erinnert mich mit seinen Dürre-Leugnern und Diagonal-Schwimmern sehr an unsere gegenwärtigen Corona-Konflikte, die die Gesellschaft spalten.

Auf diesem Wege habe ich von der Quagga-Muschel erfahren, die trotz ihres lustigen Namens durch ihre rasante Verbreitung im Bodensee-Reservoir eine ernsthafte Bedrohung für Ökosystem und Trinkwasserversorgung darstellt – ganz in Wirklichkeit.

New Age (Ingrid Schmitz)

In dieser verkorksten Welt, in der sich Menschen als Nebenwirkung einer Impfung in androgyne Wesen ve

In dieser verkorksten Welt, in der sich Menschen als Nebenwirkung einer Impfung in androgyne Wesen verwandelt haben (Corona und Genderdebatte lassen grüßen), geht es um ein von Eva und Adam entwickeltes neuartiges Boosterfood, das alle anderen Lebensmittel ersetzen soll und einen entsprechenden Deal, an dem zwei Bieter interessiert sind. Einer davon verlangt, dass sein Müll auf dem Wege der Herstellung des Boosterfoods entsorgt wird. Was denkt ihr, wer das Rennen macht?

Diese spannende Geschichte ist in wechselnden Perspektiven erzählt, die durch Szenentrenner getrennt werden, so dass man leicht wieder in die andere Figur hineinfindet.

Bei mir hinterließ die Anspielung auf mögliche Genmutationen infolge von Impfungen, die ich nur in Bezug auf die mRNA-Impfung gegen Covid-19 interpretieren kann, auf den ersten Blick einen fahlen Beigeschmack. Die Autorin schreibt ihre Hintergrundfakten zur Geschichte während der Deltawelle – wir beschäftigen uns bereits mit Omikron. Deutlich wird, dass sie keine Coronaleugnerin ist, jedoch äußert sie sich nicht zur Impfung. Ich denke aber, das Ende der Geschichte spricht für sich.

SOLVENT Rot (Dieter Aurass)

Die Geschichte handelt von Jörg Hartwig, dem letzten freien Blogger des Planeten. Angesichts der gegenwärtigen Situation in Russland ist dieser Aspekt der Geschichte brandaktuell. In der Fiktion allerdings werden die Medien von den sechs großen Weltkonzernen kontrolliert. Diese nicht allzu ferne Zukunft thematisiert auch die Arm-Reich-Schere, denn nur 5% der Weltbevölkerung kann sich die medizinische Versorgung leisten, um 130 bis 150 Jahre alt zu werden – die anderen bekommen medizinische Grundversorgung nur bis zu einem Alter von 65 und dann kann es mitunter recht schnell gehen.

Jörg ist auf ein Fabrikgelände eingedrungen und möchte herausfinden, was es mit dem neuen Produkt in Schokoriegelform namens „Solvent Rot“ auf sich hat. Dies ist eine sehr proteinreiche Kost für die Armen und soll aus Rotalgen hergestellt werden.

Diese ganze Geschichte hat mich sehr an Soylent Green erinnert, aber vermutlich war das so beabsichtigt. Der Autor geht in seinem Nachwort nicht darauf ein. Das machte das Ende aber nicht gänzlich absehbar und insgesamt finde ich die Story sehr gelungen. Ich finde die Pressefreiheit außerordentlich wichtig und es ist gut, dass es auch noch Menschen gibt, die nicht zu bequem sind, sie auch auszunutzen.

Handle stets (Regina Schleheck)

Die Protagonistin dieser Geschichte bedient sich gerne an Kraftausdrücken, die sie ihren Robotern an den metallenen Kopf knallt. Doch Sina gebietet auch über menschliche Zeitgenossen. Es ist der 11. September und als sie mit Hidschab und Kopftuch bekleidet im Flugzeug auf das Dach der GMI-Zentrale zusteuert, zucken die schwarzgewandeten Pilgerscharen auf den Straßen und Plätzen rund um das Gebäude zusammen, beruhigen sich erst, als die Maschine sanft aufsetzt. Dieses Verhalten schien mir rätselhaft, bis ich erfuhr, dass zwei Stunden zuvor sämtliche Moscheen in New York in Flammen aufgingen.

Von ihren Eltern hat Sina den Kategorischen Imperativ eingeimpft bekommen, den umzusetzen sie sich bemüht: „Handle stets nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie allgemeines Gesetz werde.“ Ich muss zugeben, dass ich diesen Satz nicht verstehe. Oder besser gesagt: Den Satz schon, aber ich wüsste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Nun, Sina offenbar auch nicht. Sie hat veranlasst, eine „Pille, mit der der Menschheit die Ratio eingeimpft werden soll“, per Grundwasser zu verabreichen. Diese hat jedoch nicht die gewünschte Wirkung.

Ich fand dieses Thema sehr faszinierend, da mich damals der Einsturz des World Trade Centers und dessen Folgen sehr mitgenommen hat. Die Aufarbeitung in Filmen, die ich konsumierte, führte dazu, dass ich Angst bekam, als ein Mann im selben Zugabteil sitzend betete. Diese Angst hat zum Glück nachgelassen, denn meine Ratio sagt mir natürlich, dass nicht alle Moslems Terroristen sind – im Gegenteil. Das trifft nur auf die wenigsten zu. Trotzdem sind sie diejenigen, die sehr lange Zeit das Bild in der Öffentlichkeit geprägt haben. Daher war es erholsam, ein erfrischend anderes Bild gezeichnet zu sehen.

Der Kaiserinnen neue Neider (Mari März)

Des Kaisers neue Kleider neu aufgelegt? Das fand ich ja erst ein bisschen „faul“. Ich hätte doch eine neue Geschichte erwartet! Das war sie aber auch und ich bin sehr dankbar für diese Lektüre, denn ich habe es diesmal verstanden. 😀

Es gibt nur noch drei Reiche, die von jeweils einer Kaiserin regiert werden. Diese treffen sich zu einem Konklave, das Kira nur mit ihrem Umhang bekleidet besucht, den sie dann von sich wirft und sich nackt präsentiert. Sie verkauft ihre tätowierte Haut als speziellen Schutzanzug, der radioaktive Strahlung abwehren könne. Sie isst nur mitgebrachte Speisen, aus Angst, vergiftet zu werden. Die beiden anderen Kaiserinnen kann sie überzeugen, sich ihr anzuschließen, um zu erkennen, wer von den Untertanen ihnen wirklich treu ergeben ist und wer ihnen nur nach dem Mund redet. Nur ein kleiner Junge wagt es, die Wahrheit auszusprechen, wofür Kira ihn lobt.

Kira fragt: „Wozu sind wir Frauen, wenn wir handeln wie Männer?“ Ihr Lösungsansatz beginnt mit der Akzeptanz, dass ein Kampf gegen den Klimawandel nicht geholfen hat, wohl aber ein Kampf für gesunde Ernährung erstrebenswert ist.

Social Distance (Raoul Biltgen)

Wieder ein Monolog, diesmal mit einem Unbekannten. Das Ich ist zur Zeit der heutigen Corona-Pandemie zur Schule gegangen. Die Isolation scheint dieser Person nach wie vor das Mittel der Wahl zu sein, während die Pandemie für alle anderen offenbar ein Ende gefunden hat. Ein Fall von Mysophobie? Jedenfalls war es keine gute Idee, dass das deutlich jüngere Du, das Unterricht in Schulgebäuden gar nicht mehr kennengelernt hat, dem Ich die Hand gegeben hat …

Die Erzählung ist raffiniert aufgebaut und bleibt bis zum Schluss spannend. Zwar weiß ich nicht, wer da überhaupt angesprochen wird, aber ich erfahre so einiges über den Bruder des literarischen Ichs, der zu den Menschen gehört, die sich seelisch von der Corona-Pandemie erholen konnten und es auch schon währenddessen mit der Hygiene nicht ganz so genau nahmen.

Afrika, mon Amour (Jennifer B. Wind)

Die Ich-Erzählerin zieht es ins Afrika, fernab der Zivilisation, wo sie mit den Tuareg lebt. Sehr glücklich, bis zwei Amerikaner ins Camp kommen, die ebenso herzlich aufgenommen werden. Bald darauf breitet sich eine Seuche aus, ein als Kampfstoff entwickelter modifizierter Ebola-Virus. Impfstoff gibt es nur für ausgewählte Menschen.

Packend geschrieben!

Diese Geschichte hat die Autorin bereits 2014 verfasst – und ich denke angesichts dessen jetzt, wie gut wir es doch mit Covid-19 getroffen haben.

Cybergangster (Barbara Wimmer)

Der 16jährige Marvin hackt sich in das Sicherheitssystem eines Hauses, legt es lahm und dringt ein, in der Absicht, sich zu bereichern. Zum ersten Mal sieht er mit staunenden Augen das Haus einer reichen Person, das über Klimaanlage und Swimming-Pool verfügt. Mit der taffen Besitzerin kommt er überein, gemeinsam ihre Nachbarn auszurauben, um in Robin-Hood-Manier den Besitz an die Armen umzuverteilen. Leider klingelt beim verabredeten Zeitpunkt nicht Marvin.

Knusprig braun, wie du sie magst (Reinhard Kleindl)

Klaus betrinkt sich und klagt dem Toaster sein Leid, der sich daraufhin mit der Klimaanlage über dessen auffälliges Verhalten berät. Da der Fernseher von Klaus‘ Schwester mitteilt, dass sie noch genug Geld auf dem Konto hat, ruft der Toaster die Rettung, während die Klimaanlage ein Betäubungsmittel in den Raum einleitet.

Auch wenn diese kurze, sehr dialoglastige Geschichte vordergründig zum Schießen (Lachen) ist, wird mir doch gewissermaßen angst und bange. Künftig lege ich mehr Wert auf den Schutz meiner Daten.

Zwischen Ratten und Krähen (Regine Kölpin)

In dieser Zukunft ist die Stadt überfüllt von Menschen, die sich gegenseitig den Lebensraum nehmen. Das literarische Ich beobachtet Jo und Julie. Die beiden begegnen sich erst und doch ist Jo sofort Feuer und Flamme für Julie, überzeugt, dass sie zusammengehören. Das geht nicht lange gut.

Für mich ist diese Welt sehr fremd, die Motive der Figuren schwer nachvollziehbar. So identifiziere ich mich mit dem aus der Distanz berichtenden Ich, das selbst ratlos davorsteht.

Der Fahrstuhl (Heidi Troi)

Ein Gefühl von Enge vermittelt diese Fahrt im Aufzug. Herr M. liebt seit seiner Kindheit Fahrstühle, doch dieses Mal wandelt sich das ganz erheblich.

Ich fahre ja ohnehin – auch schon vor Corona – nur alleine im Aufzug. Immer im Gedanken daran, wie ich mich fühlen würde, würde das Ding stecken bleiben. Darin sehe ich mich jetzt bestätigt.

Der Boden unter den Füßen (Beatrix Kramlovsky)

Ein Dorf, hoch genug gelegen, um von den Fluten verschont zu werden, wird nun überschwemmt von Migranten unklarer Herkunft, die sich von den Dorfbewohnern abschotten. Man zählt sie, beobachtet. Man möchte helfen …

Dass auch die Ortsansässigen eine eigene Migrationsgeschichte haben, macht vor dem Hintergrund der aktuellen Fluchtbewegung aus der Ukraine bewusst, dass es uns selbst oft nicht anders geht, auch wenn diese schon länger zurückliegen mögen. Jetzt ist es der Krieg, in der Geschichte ist es der steigende Meeresspiegel – in allen Fällen der Kampf ums nackte Überleben.

Berührend, verstörend.

Sednas Hände (Eva Maria Nielsen)

Der sperrige Name Angaangaq erschwert mir das Lesen etwas, aber er schafft auch Atmosphäre. Die Geschichte trägt sich in Süd-Grönland zu und Muffins spielen eine nicht unwichtige Rolle.

Ich sag es mal so: Ich mag auch keine Heidelbeeren, aber ob ich mich an Krabben-Muffins heranwagen würde? Sehr kurzweilig!

Götterdämmerung (Alex Thomas)

Das literarische Ich erzählt die Geschichte der eigenen Eltern und deren Ableben in einer Stadt, in der die Fabrik alles regiert und ein schreckliches Geheimnis gehütet wird. Was es genau ist, bleibt vage. Es scheint nur besser zu sein, es nicht zu kennen.

Den beschriebenen Friedhof fand ich schön und angenehm einladend. Aber leben möchte ich in dieser Stadt nicht.

Die Alte Rassel, seine gute Pumpe (Günther Neuwirth)

Guido betreibt eine der letzten Tankstellen, als endlich mal wieder Autos in Sicht kommen. Nicht nur eines, gleich drei! Als Entlohnung für den Sprit bekommt er eine echte Nackttänzerin zu Gesicht.

Ich bin dieser Tage beim Blick auf die Spritpreise sehr froh, schon lange kein Auto mehr zu fahren. Diese Geschichte hat mir so richtig Spaß gemacht!

(UN-)kontrollierte Zukunft (Janet Zentel)

Bei dieser Geschichte muss ich gestehen, dass ich die Lektüre abgebrochen habe. Stilistisch sagte sie mir nicht so recht zu (überwiegend Innenschau) und gleich zu Anfang wird der Familienhund beim Umzug nicht mitgenommen und durch einen Robohund ersetzt. Auf den zweiten Blick beim Schnelllesen stelle ich fest, dass ich der Geschichte damit zum Teil unrecht getan habe, geht es doch um einen Umzug ins Weltall. Da herrschen wohl strengere Sitten als bei einem Umzug von Hamburg nach Köln.

Das Mondgeheimnis (Ursula Schmid-Spreer)

1969 kauft ein Mann ein Grundstück auf dem Mond und hundert Jahre später hat dies weitreichende Folgen für seine Erben, da er nämlich ein großes Wasservorkommen erworben hat und Wasser 2069 auf der Erde sehr knapp geworden ist. Es kommt zu einem Unfall, nach dem der 14jährige Thunder auf sich allein gestellt ist und vom Militär erzogen werden soll.

Diese Geschichte hat mich gepackt und kann mir lebhaft vorstellen, dass es tatsächlich mal so kommen könnte.

Deep Station One (Veronika A. Grager)

Ein Dorf unter dem Meeresspiegel soll bezogen werden und schon beim Testlauf läuft einiges schief und es gibt ein Leck. Toll in Szene gesetzt!

Dieses Szenario hat mir richtig gut gefallen! Ich liebe das Meer und könnte mir gut vorstellen, auf dem Meeresboden zu wohnen. Die größten Sorgen müsste man sich wohl um andere Menschen machen, die einem das Domizil neiden oder streitig machen wollen.

Green Reset (Jennifer B. Wind)

Diese Geschichte ist ein richtig schöner Tauchgang durch ein Meer, das sich erholt hat. So gefällt es mir viel besser als voller Plastikmüll. Es war, als tauchte ich selbst.

Fazit: Einmal kurz die Welt retten können wir alle

Nicht alle Geschichten sind Krimis. Manche sind auch einfach nur Nicht alle Geschichten sind Krimis. Manche sind auch einfach nur Dystopien oder Utopien. Gerade durch die Hintergrundfakten wird klar, dass es bei den Szenarien eben nicht nur um reine Hirngespinste geht, die nur unterhalten sollen. Über einiges habe ich nachgedacht und weiß jetzt, dass es mit Müll trennen nicht getan ist, wenn auch künftige Generationen noch auf dieser Erde leben können sollen. Es geht um weit mehr als das: Das Wasser wird knapp – bereits heute und nicht nur „weit weg von Europa“.Auf der anderen Seite wird der Meeresspiegel steigen.
Und das sind nur zwei von vielen drängenden Problemen.

Auch wenn ihr sonst keine Anthologien lest: Es lohnt sich!

Türkisfarbene Schrift auf schwarzem Grund: Jennifer B. Wind [Hrsg.] Einmal kurz die Welt retten Krimis Gmeiner
Einmal kurz die Welt retten, Jennifer B. Wind (Hrsg.)

Einmal kurz die Welt retten von Jennifer B. Wind (Hrsg.)
416 Seiten
EUR 12,00 [D] / EUR 12,40 [A]
ISBN 978-3-8392-0128-2

Die Bestsellerautorin Jennifer B. Wind ist in der Steiermark geboren und lebt mit ihrer Familie südlich von Wien. Die ehemalige Flugbegleiterin mit Klavier-, Gesangs- und Schauspielausbildung schreibt für alle Altersklassen Romane, Drehbücher, Songtexte, Theaterstücke und Kurztexte. Ihr Debüt-Thriller „Als Gott schlief“ wurde zum Bestseller und war für den Wiener Nachwuchskrimipreis nominiert. Auch ihre weiteren Werke standen auf der Bestsellerliste und waren unter anderem für den Finde Crime Award 2020 nominiert. In ihrer Freizeit setzt sie sich aktiv für Umwelt- und Tierschutz ein wie beim Umweltfilmprojekt „Planet Life“. Darüber hinaus ist sie Mitglied bei „Writers for Future“.
Mehr über die Autorin unter: www.jennifer-b-wind.com

Gmeiner-Verlag

Euer Ingo S. Anders

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