Das Schreiben hat natürlich hauptsächlich etwas mit Kreativität zu tun. Mit Fantasie, Einfallsreichtum, Weltanschauung, individueller Erfahrung etc. Der ein oder andere würde vielleicht sogar behaupten, dass Schreiben auf wundervolle Art und Weise magisch sein kann. Schreiben ist Geschichten erzählen. Schreiben ist Botschaften vermitteln. Schreiben ist Ausdruck.
Für den, der schon eine Weile dabei ist, durch das ewige Moor der Schriftstellerei zu stapfen, ist das Spiel mit der Sprache sicherlich schon ein weiterer Bereich des Schreibens geworden. Für mich persönlich stellt es jedoch nur eine Erweiterung des Wesentlichen dar. Denn das Wesentliche am Schreiben ist zunächst nicht die Sprache.
Ich habe schon sehr viele Bücher gelesen. Um ehrlich zu sein, bin ich bereits an dem Punkt angekommen, an dem ich ein Buch erst auf der letzten Seite „wiedererkenne“ und mir dann siedend heiß einfällt, dass ich es ja eigentlich schon einmal gelesen habe. Ich schätze Bücher in korrekter Sprache. Ich schätze korrekte Grammatik. Und ja, das habe ich absichtlich getrennt, denn auch Umgangssprache oder gar vulgäre Sprache können grammatikalisch einwandfrei daher kommen. Die meisten Bücher in Druckversion, die ich gelesen habe, weisen ein oder zwei Fehlerchen auf, die sogar in namhaften Verlagen durch das Lektorat „geschlüpft“ sind. Das ist nicht schlimm. Genauso kann ich nicht von mir behaupten, dass mir mit Sicherheit alle Fehler auffallen würden.
Jedoch kann ich mit Sicherheit behaupten, dass eine gute Idee und eine noch bessere Geschichte in meinen Augen nicht davon abhängen, dass sie grammatikalisch korrekt erzählt wurden. Ich habe auch schon Geschichten gelesen, die mich zu Tränen gerührt, mich tagelang danach noch beschäftigten und tatsächlich in „gebrochenem Deutsch“ verfasst worden waren. Denn der Autor war kein Muttersprachler und mit der deutschen Sprache zudem noch nicht sehr vertraut.
Hat eine Geschichte also keine Substanz und vermittelt sie mir nichts, das mich auf einer oder mehreren Ebenen zugleich anspricht, dann erlebe ich auch die schönste, grammatikalisch korrekte Sprache als leere Hülle, deren Vollkommenheit ich vielleicht bemerken, aber nicht emotional verarbeiten, sie in keinen Kontext rücken kann.
Gleichsam ist vielleicht auch die Schönheit der Sprache nicht in jedem Fall mit der grammatikalischen Korrektheit gleichzusetzen. Denn auch sprachlich vielseitige Texte, mit vielen Wendungen, Bildern und einem „Rhythmus“, der den Lesefluss hervorzaubert und plötzlich eine textbegleitende Melodie erklingen lässt, müssen nicht zwangsläufig grammatikalisch richtig sein.
Es gibt also viele Nuancen, die ein Text aufweisen und viele „Richtlinien“, die ein Text erfüllen kann. Jedoch denke ich, dass der wichtigste Teil des Textes stets seine Aussage ist. Ist die Aussage sowohl durch logischen Aufbau als auch sprachliche Ausschmückungen an den Leser herangetragen, wird das Bild runder. Ist die Grammatik zudem korrekt, ohne dass der Leser ständig darüber stolpert und aus dem Lesefluss gerät, ist der Text noch besser. Seinen Wert hat er jedoch für mich entweder von Beginn an oder gar nicht.
Mein Schlusswort soll nun an alle „Schreibanfänger“ gerichtet sein, die sich wohl oftmals demoralisiert fühlen, wenn sie Texte anderer lesen und sich fragen, ob sie das selbst jemals „so“ hinbekommen. Die Frustration darüber, einen guten Text „nicht“ schreiben zu können, schmälert meiner Meinung nach immer den eigentlichen Wert an dem, was uns alle zum Schreiben bewegt: die Idee.
Eure Saigel
Mir fällt dazu ein, dass ich einen Auszug aus einer längeren Geschichte einer Legasthenikerin lesen durfte. Das war sehr ungewohnt, aber sehr schön.
Ich nehme an, mit der Grammatik verhält es sich ähnlich.