Ich schreibe mit Patchwork

Wer sich mit dem Schreiben von Geschichten beschäftigt, stolpert früher oder später über spezielle Schreibprogramme für Autoren. Dann fragt man sich natürlich, brauche ich so ein Programm?
Prinzipiell kann man sagen, natürlich wird kein spezielles Autorenprogramm gebraucht, um einen erfolgreichen Roman zu schreiben.
Warum ich mir trotzdem ein solches zugelegt habe und warum ich nur noch damit schreibe, darüber möchte ich berichten.

Als ich begonnen habe, an meinem aktuellen Projekt, einem historischen Liebesroman, zu arbeiten, ist mir sehr schnell klar geworden, das Entstehen eines Romanes besteht nur zum Teil aus dem Schreiben der Geschichte. Einen großen Teil der Zeit nimmt das Organisieren der Requisiten (Figuren, Schauplätze, wichtige Gegenstände) in Anspruch.
Immer mehr Figuren entschlüpften den Papier, wollten ihren Teil der Geschichte erzählen, Schauplätze entstanden vor meinem geistigen Auge und wollten ins rechte Licht gerückt werden.
Obwohl ich von mir behaupte, ein sehr gutes Gedächtnis zu haben, wurde mir schnell klar, das kann ich mir nicht alles merken. Irgendwie musste ich die Informationen so abspeichern, dass sie schnell und unkompliziert abrufbar sind. Denn nichts ist schlimmer, als wenn sich die Narbe in Paulines Gesicht mal über der rechten und dann wieder über der linken Augenbraue befindet. Oder wenn Lukas, um von A nach B zu kommen, einen Tag braucht und für den Rückweg plötzlich eine ganze Woche. So etwas darf nicht passieren. Lesern wie mir fällt so etwas auf. Für mich persönlich mindert das dann den Lesegenuss.
Also mussten Ordner her, in denen ich all die Informationen abspeichern konnte. Aber da ich ein »Genie« in solchen Sachen bin, hatte ich irgendwann so viele Ordner und Unterordner, dass ich gar nichts mehr gefunden habe.

Eine große Entscheidungshilfe für das Programm Patchwork war, dass es dafür sehr viele kostenlose Videos gibt. Wer noch nie mit einem solchen Programm gearbeitet hat und vielleicht auch noch ein »Schreibanfänger« ist, wird buchstäblich erschlagen von den vielen Funktionen, die dieses Programm bietet. Doch mit den Videos kann sich jeder langsam in die Materie vorarbeiten und sich so Schritt für Schritt mit dem Programm vertraut machen.
Zum Ausprobieren gibt es eine 30-tägige Demoversion, mit der man alles in Ruhe prüfen kann. Erst nachdem das Programm gründlich geprüft wurde, kann man sich entscheiden. Es besteht die Möglichkeit, sich ein »Arbeitszimmer« einzurichten. Bedeutet: das Programm wird zum Beispiel auf einem Stick gespeichert und kann an verschiedenen Rechnern genutzt werden. Es sollte aber daran gedacht werden, immer die aktuellste Version auf dem Stick zu speichern.
Wird mit Patchwork ein neues Projekt gestartet, kann man als erstes seine eigene Timeline festlegen. Wichtig für alle, die Geschichten schreiben, die einem anderen als dem bei uns gebräuchlichen Kalender folgen. Für den herkömmlichen Kalender muss man nichts weiter machen, als den Start- und den Endzeitpunkt der Geschichte festzulegen.
Es gibt ein Plot-Bereich, in dem jeder seine Geschichte nach verschiedenen Plot-Ansätzen entwickeln kann. Man kann seine Geschichte aber auch über ein Kreativboard veranschaulichen oder einfach losschreiben.
Beim Schreiben kann man jedes Kapitel mit verschiedenen Zusätzen versehen, wie Haupt- oder Nebenstrang, Perspektive, Status (Erstschrift, X. Überarbeitung …). Außerdem kann jedes Kapitel einem Datum oder/und Uhrzeit zugeordnet werden. Diese Zeitangaben werden automatisch in die Timeline übertragen, sodass man einen Überblick über die zeitlichen Abläufe in der Geschichte bekommt. Was wichtig ist, wenn zum Beispiel ein Ereignis gleichzeitig im Haupt- und Nebenstrang stattfinden soll, dann müssen die Stränge die richtige zeitliche Entwicklung haben. Es kann nicht sein, dass dann im Hauptstrang schon Herbst ist und im Nebenstrang erst Frühling.
Die Kapitelüberschriften werden automatisch auf der linken Seite angezeigt, dort wächst mit der Geschichte das Inhaltsverzeichnis des Romanes. In dieser Kapitelübersicht werden auch die Wort-, Zeichen- und Seitenanzahl des jeweiligen Kapitels angezeigt. Außerdem auch, wenn man zum Beispiel einen virtuellen To-Do-Zettel in den Text abgelegt hat.
Auf der linken Seite befinden sich auch die Registerkarten für alle Figuren, Schauplätze und Gegenstände. Gibt man dort Zeitangaben ein, werden diese automatisch in die Requisiten-Timeline übertragen. So sollte es auffallen, wenn ein Ehepaar unterschiedliche Angaben zum Hochzeitstag macht. Außerdem bekommt man angezeigt, wie alt eine Figur in dem jeweiligen Kapitel ist, wenn man zuvor das Geburtsdatum festgelegt hat.
Auf der rechten Seite kann zu jedem Kapitel ein Pitch eingegeben werden. Wird das konsequent gemacht, ergibt sich in der Outline eine Zusammenfassung des Romanes. Was hilfreich ist, wenn ein Exposé benötigt wird.
Es gibt noch unzählige andere Features, wie das Erledigungstool, Szenencheck, die Auflistung der am häufigsten verwendeten Wörter, man kann seine persönlichen Unwörter festlegen und sich anzeigen lassen, Bilder für Figuren oder andere Requisiten abspeichern, usw.
Und dann kann man natürlich, wenn man es irgendwann geschafft hat, seinen Roman zu Ende zu schreiben, mit dem Programm ein E-book erstellen oder den Text für den Druck des Buches aufbereiten.
Mein Lieblingstool ist das Vorlesen. Wenn ich mir die Geschichte vorlesen lasse, finde ich immer wieder Fehler, die ich zuvor überlesen habe. Oder ich finde Sätze, die mir so nicht gefallen und umgestellt werden müssen.
Außerdem gibt es noch eine sehr nützliche Einstellung, man kann sich in Klausur begeben. Das bedeutet, das Programm unterbindet für eine vorher eingestellte Zeit, den Zugang zum Internet. Wenn mal ein Abgabetermin drückt, ist das sehr hilfreich.
Es gibt ein Forum und eine Facebook-Gruppe, in denen man seine Fragen oder Probleme, die man mit Patchwork hat, darlegen kann. Dort bekommt man in der Regel sehr schnell Hilfe und natürlich hat Martin Danesch (der Entwickler von Patchwork) immer ein offenes Ohr, wenn irgendetwas nicht so funktioniert, wie es soll. Auch Vorschläge, was im Programm verändert, verbessert oder hinzugefügt werden kann, werden dort gern gehört. Und ich weiß, dass M. Danesch schon viele Vorschläge von uns Schreiberlingen umgesetzt hat.
Natürlich hat so ein Programm auch seine Nachteile, es kostet Geld, für die Updates muss auch bezahlt werden. Obwohl sich M. Danesch für die Updates ein moderates System hat einfallen lassen. Es gibt keine Festpreise, sondern man kann je nach Geldbeutel seinen Beitrag selbst bestimmen.
Und natürlich ist so ein Programm auch ein tolles Spielzeug. Man kann stundenlang in den einzelnen Tools herumexperimentieren und ist so über einen langen Zeitraum beschäftigt, ohne ein Wort geschrieben zu haben.

Ich hoffe, ich konnte euch das Programm ein wenig näherbringen. Wer Fragen dazu hat, Ergänzungen oder Beschwerden, kann sich gern hier melden. Wenn gewünscht, kann ich auch auf bestimmte Tools in einen anderen Beitrag näher eingehen.

12 Replies to “Ich schreibe mit Patchwork”

  1. Ja, die Suche nach dem passenden Schreibprogram… das hat bei mir lange gedauert.
    Ich habe mich für Scrivener entschieden.
    Das Programm Patchwork hört sich super an! Danke für Deine Vorstellung.
    Ich finde es auch interessant, dass man selbst bestimmen kann, wie viel man zahlt.
    Eine Timeline ist so hilfreich, auch das mit dem Plotting. Ich denke, ich schaue mir das Programm tatsächlich mal an…

    1. Ich benutze Patchwork auch, war zuvor bei Scrivener, allerdings hat mir da auch schon die Timeline gefehlt. In zwischen habe ich heraus gefunden das man auch eine Spannungskurve hat und damit sehen kann ob sich die Spannung richtig aufbaut. Ich hatte das zum ersten mal bei DramaQueen gesehen, aber für Romane ist es einfach ungeeignet da es den Hauptaugenmerk auf Drehbücher hat.

      Ich kann Patchwork nur empfehlen, es steck viel mehr drin, als auf den ersten Blick aussieht.

      Liebe Grüße

  2. Danke für diesen interessanten Beitrag. Tatsächlich schreibe ich selbst noch immer ohne Programm – bis jetzt habe ich mich nicht daran getraut (konnte mich aber speziell bei dem „Ordner-Wirrwarr“ selbst wieder erkennen ^^). Bei dieser Vorstellung gefällt mir die Timeline-Funktion sehr gut. Hat auf jeden Fall mein Interesse geweckt – werde mir das mal ansehen. Danke!

  3. Ich habe mir auch das 30-Tage-Programm runzer geladen, zeitgleich mit der Demoversion Papyrus Autor, um beide miteinander zu vergleichen.
    Also auf den ersten Blick würde mir als Schreibprogramm Patchwork mehr zusagen. Da das Testprogramm in vollem Umfang läuft, erschlägt es einen Neuling ersteinmal. Jedoch kannman ja nach und nach testen. Aber die Grundeinstellungen überzeugen. Bei Papyrus kann man nur eingeschränkt testen, leider. Hier finde ich die Stilanalyse besser, weil ich hier eine Auswahl angezeigt bekomme, wenn ich zum Beispiel Wiederholungswörter habe. So ist es mir leichter gefallen, die Sätze um zu stellen. Ob es so etwas auch bei Patchwork gibt, hab ich noch nicht entdeckt. Bei Patchwork kann man dafür einzeln zuschalten, was man kontrolliert haben möchte. Für erfahrenere Schreiber sicher ein Vorteil. Ich selbst bin noch unschlüssig, für welches Programm ich mich entscheiden werde.
    Patchwork ließ sich bei Windows 10 nicht runterladen, könnte aber auch an meinem Virenprogramm gelegen haben. Ich habs dann auf dem Rechner mit Window 8 runter geladen und gleich auf einen Stick. Läuft da nun auch auf Window 10.

    1. Hallo Yvonne,

      bei mir läuft Patchwork unter Windows 10 super. Das muss dann an einer Einstellung auf Deinen PC liegen.
      Wortwiederholungen kann man sich auch anzeigen lassen. Wenn Du Dir im Schreibfenster die zweite Werkzeugleiste anzeigen lässt, erscheint da unter anderem eine 40. Da werden Dir die 40 meist verwendeten Wörter angezeigt.

      1. Auch ich bin fest auf Patchwork umgestiegen. Meine bisherigen Programme Scrivener, YWriter und NewNovelist konnten gut strukturieren, waren jedoch ohne Duden Anbindung.
        Bei Papyrus ist es schwieriger. Dort komme ich mit der Größe der Arbeitsbildschirme nicht aus. Hab nur eine kleine Lenovo Maschine. Da kommt mir Patchwork gerade recht. Auch das Feeling ist genial und darum habe ich mich für Patchwork entschieden.
        In Kürze starte ich auch im Schreib-Forum eine eigene Diskussionsecke zu Patchwork .
        Vielen Dank für deinem Beitrag hier.

  4. Ich grüße euch, ihr Guten!
    Ich habe eine Idee für einen (auto) – biografischen Roman, habe außer Briefen noch nie richtig „geschrieben“. Auchit Word/Writer bin ich nur wen8g vertraut… Sollte ich Scrivener oder Patchwork als Änfanger nehmen? Oder was sonst, Preis ist erstmal „nebensächlich“. Die Funktion hat Prämisse… Danke für’s Feedback!

    1. Hallo Thomas,
      als Anfänger habe ich mit dem kostenlosen Programm OpenOffice gearbeitet. Heute würde ich das ebenfalls kostenlose Programm LibreOffice empfehlen.

      Ich selbst arbeite mittlerweile mit Papyrus Autor.

      Weißt Du denn schon, welche Funktionen das von Dir benötigte Programm aufweisen soll?

  5. Hallo,
    ich schreibe mit VIM und bin sehr zufrieden. Die Formatierung und Übertragung in EPub und PDF mache ich mit Latex. Google Docs ist auch gut, aber bei langen Texten wird es etwas langsam. Das alles läuft bei mir auf einem Linux/Fedora System und der Cloud.
    Grüße
    🙂

    1. Vielen Dank @global667 für Deine Erfahrungen zu diesem Thema.
      Was du beschreibst sind ja wirklich nötige Schritte vom Schreiben bis zur Veröffentlichung. Ich finde Klasse, was es alles für Möglichkeiten gibt und jeder herausfindet, was besser zu einem passt.
      Och selbst bin von Patchwork angetan, denn dort finde ich alles von dir beschriebene in ein und demselben Programm. Alles schön aufgeräumt in einer Ordnerstruktur und perfekt Versioniert.
      Ich bin leider nicht so mit Linux vertraut, da ich als Anwender mein Leben lang mit Microsoft Produkten zu tun hatte.
      Ich weiß gar nicht ob es eine Linuxversion von Patchwork Autor überhaupt gibt. Wäre ja mal interessant das zu erfahren.

      Danke für Deinen Kommentar und gerne weitere Beiträge von Dir.
      Grüße
      Andre

  6. @Andre Man kann mit Wine auf Linux viele Windows-Programme laufen lassen. Da Patchwork durchaus interessant wirkt, werde ich mir die Demo-Version auf jeden Fall mal ansehen.

    Von Papyrus war ich nicht so angetan. Es hat zu viele Funktionen zum „rumspielen“ und man verliert den Fokus aufs Schreiben – nur meine Erfahrung. Ich fürchte, das wird bei Patchwork ähnlich sein. Obwohl es den „Zen-Modus“ geben soll, der alles außer ein paar Grundfunktionen weg schaltet – mal schauen!
    Grüße

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