Am Spülbecken
Mit einem wohligen Seufzer legte Rosalinde ihre Lektüre beiseite. Stroh auf dem Heuboden war so wunderbar prickelnd geschrieben, dass sie auch dieses Buch ihrer Lieblingsautorin ihrem Heinz in letzter Zeit vorgezogen hatte. Doch jetzt war es an der Zeit, aufzustehen. Es war schon später Nachmittag und in der Küche stapelte sich das schmutzige Geschirr der letzten drei Tage. Ächzend erhob sie sich und schlurfte in die Küche.
Sag mir was Schmutziges, dachte sie und grinste schief. Auf die Küche traf das ganz eindeutig zu. Also stapelte sie die Teller, legte das Besteck in eine der Schüsseln und ließ Wasser ins Spülbecken ein.
Gerade hatte sie den Topf abgewaschen und beiseitegestellt, da klingelte ihr Handy. Sie trocknete sich die Hände ab, nahm den Anruf entgegen und stellte das Telefon auf Lautsprecher.
»Rosalinde?«
»Ja, Heinz?«
»Ich bin im Laden, aber sie haben die Butter nicht, die du haben wolltest.«
Sie tauchte einen Teller ins Wasser.
»Bist du in der Badewanne?«, fragte er.
Sie lachte. »Heinz! Aber klar doch. Ich liege hier nackt, plansche ein bisschen und warte nur auf deine Rückkehr.«
»Welche Butter soll ich denn jetzt mitbringen? Oder Margarine? Die haben sie auch.«
»Du kannst Massageöl mitbringen.« Sie kicherte.
»Für den Kuchen?«
Vor Lachen ließ sie beinahe den Teller fallen. »Nein, natürlich nicht für den Kuchen.«
»Heinz, ob Butter oder Margarine ist egal. Du kannst auch Hausmarke nehmen. Jetzt, wo alles so teuer ist. Aber den Geburtstagskuchen bekommt unser Enkelkind.«
»Danke, meine Lotusblüte. Dann noch viel Spaß beim Baden.«
»Bis gleich, mein wilder Hengst.«
Rosalinde schüttelte den Kopf und fragte sich, ob wohl auch ein fremder Mann beim Plätschern des Spülwassers sofort an eine nackte Frau in der Badewanne denken würde. Vielleicht, dachte sie, sollte sie sich ein Beispiel an der Heldin aus Stroh auf dem Heuboden nehmen und sich mit dem Telefon ein kleines Zubrot verdienen. Genug Fantasie hatte sie auf jeden Fall und Spaß machen würde es sicher auch.
Nachdem Heinz sein Fahrrad abgestellt und die Einkäufe ausgepackt und verräumt hatte, fand er seine Frau in der Badewanne liegend vor.
Entstanden während der Schreibübung Schreiben gegen die Zeit.