Plüschblaue Tagträume (2)

Und jetzt habe ich doch keinen Ausblick, außer dem watschelnden Hinterteil des Alpakas, das vor mir die Steinstufen hochtrottet. „Dir ist schon klar,“ sage ich – schnaufend nach Luft – “ dass dies noch keine spirituelle Erfahrung ist, die sich mir als solche erschließt?“ Zur Antwort bekomme ich nichts. Ich bleibe kurz stehen, um eine Reaktion zu erzwingen, aber das Alpaka trottet einfach weiter. „Ich weiß, dass Du stehenbleibst, Schaldek“, raunt es unbeeindruckt. „Dann tue das doch und schaue Dir die Gegend um uns herum an.“ „Nebel“, sage ich und unterbreche das Alpaka fast dabei. „Seit der ersten Stufe nichts als Nebel.“ Das Alpaka stoppt und wendet seinen Blick zu mir. „Du weißt, dass wir in Deinen Gedanken sind?“ „Ja“, stöhne ich. „So sieht es eben in meinem Schädel aus. Und das würde ich gerne ändern.“

Pummpaffpuff!

Das Alpaka ist weg. Und plötzlich stehe ich allein im Nebel meiner Fantasie. „Ähm. Say what?“, flüstere ich,denn die Stille erschreckt mich.

Langsam gehe ich weiter, aber es ist gruselig, denn ohne die Führung des Alpakas weiß ich nicht, wohin die Reise geht. Trotz der Stufen vor mir. Ich überlege, wieder umzukehren.

„Ähm, blaues Alpaka?“, flüstere ich weiter. „Was soll das jetzt?“ Noch eine ganze Weile verharre ich dort im Nirgendwo meiner Gedanken. Stunden vergehen.

Stunden!

Ich habe mich hingesetzt und meine Hoffnung, dass irgendjemand die Stufen, auf denen ich sitze, entweder rauf oder runterkommt und mir damit jemand Gesellschaft leistet, werden kurzzeitig durch Befürchtungen ersetzt, dass – wer auch immer hier rumkraxeln könnte – mir gar nicht wohlgesinnt sein muss und mich einfach ausraubt, umschubst oder mitnimmt.

Ja, das wollte das Alpaka doch! Dass ich hier Filme fahre. Meine Emotionen werden stimuliert, ohne, dass ich von Außenreizen – wie dem watschelnden Hinterteil des Alpakas – abgelenkt werden könnte. Plötzlich vermag ich eine vorbeischwebende Nebelschwade zu sehen. Sie ist da, obwohl ich nicht sagen kann, ob sie nah und klein ist oder weit weg und riesig.

Na bitte, denke ich nun. Da geht ja doch was unter meiner Frisur. Ich versuche mich zu konzentrieren, aber die Schwade, die nun eher wie Zuckerwatte taumelt, verrät mir einen Windzug.

Hinter mir atmet etwas tief und körperbetont. Nein, das Alpaka ist es nicht. Ich weiß, was es ist.

Das Produkt meiner Fantasie. Und da dies hier meine Fantasie ist, ist es auch real. In einem Monsterhörspiel von mir war es der verbitterte Star. Die unabhängige Variable einer Gruselgleichung voll mit traumatisierten Figuren.

Und jetzt? Es hat auch mich gefunden! Oder ich … es?!

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