Die Mauerblume


»… und was hältst du von Bea?«, fragte Claus in die Runde.
Die Jungen starrten ihn spöttisch an.
»Die findest du gut?«, fragte Lennart und schüttelte verständnislos den Kopf, »Die könntest du mir schenken und ich würde sie nicht wollen. Hast du dir die schon mal näher angesehen? Also, ein Bisschen muss so ’n Weib schon hermachen, bevor sie mit mir gehen darf.«
Selbstgefällig blickte er in die Runde und fand in den Augen der anderen Jungen nur Zustimmung.
Tim beteiligte sich in der Regel an solchen Diskussionen nicht. Es reichte, dass er als Einziger aus der Gruppe bisher noch keine Freundin gehabt hatte. Lennart hatte damit keine Probleme. Er war ein hervorragender Sportler und der Schwarm der Mädchen, was er auch in vollen Zügen genoss. Er bestimmte die Regeln, und wenn ihm Eine besonders gut gefiel, durfte sie mit ihm zusammen am Wochenende in die Disco gehen. Bei den anderen Jungen war es nicht so extrem, aber auch sie hatten im Grunde nur zwei Themen bei ihren Gesprächen und Prahlereien: ihre heldenhaften Leistungen beim Fußball und ihre Erfolge bei Mädchen.
»Was ist eigentlich mit dir, Tim?«, fragte Lennart und grinste ihn spöttisch an.
Tim war in Gedanken versunken. »Was? Was meinst du?«
Die Gruppe lachte, was ihn ärgerte und was man ihm vermutlich auch ansah.
»Wie heißt denn deine Freundin?«, fragte Lennart, »Oder hast du etwa keine?«
Wieder lachten die Anderen.
»Ach, lass mich in Ruhe!«, rief Tim aggressiv und wandte sich ab.
»Wer soll den auch wollen?«, hörte er noch, während er wegging, »Der bringt doch überhaupt nichts, dieser Loser.«
Schallendes Gelächter war die Folge.
Tim ärgerte sich maßlos über diese Attacken Lennarts. Er verstand es nicht, warum er immer auf ihm herumhackte, wo er doch der »Mr. Nice Guy« der Stufe war. Nicht, dass er sich nichts aus Mädchen machen würde. Das war es nicht. Aber er war nicht gut im Sport, konnte überhaupt nicht tanzen, und wenn er morgens in den Spiegel schaute, sah er einen schmächtigen Jungen mit Pickeln im Gesicht. Das alles war nicht eben hilfreich. Hinzu kam, dass er einfach schüchtern war. Sprach ihn einmal eines der Mädchen an, die er nett fand, verschlug es ihm einfach die Sprache. Er konnte sich dafür hassen.
Tim vergrub sich deshalb lieber in seine Bücher und blieb auf seinem Zimmer. Das ersparte ihm diese erniedrigenden Szenen, die Lennart ihm ständig bescherte. Mit Einigen der Anderen käme er ja noch klar, doch nicht in der Gruppe – da war Lennart der Wortführer und uneingeschränkte Chef.
Tim verließ den Schulhof und machte sich auf den Weg nach Hause. Er war eben um die Ecke des Schulgebäudes gebogen, als er stehen blieb, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Keine zwanzig Meter vor ihm lief eine Gruppe Mädchen aus der Stufe unter seiner. Sie scherzten und gibbelten herum. Zum Glück waren sie so beschäftigt, dass sie ihn nicht bemerkten. Mitten unter ihnen war auch Laura. Sie war etwas ganz Besonderes. Für ihn war sie das hübscheste Mädchen der ganzen Schule. Ihre langen, blonden Haare hatten einen leichten Stich ins Rötliche und immer trug sie sie zu einem dicken Pferdeschwanz gebunden. Ihr Gesicht war von Sommersprossen übersät und immer hatte sie diesen offenen, ehrlichen Blick. Am Schönsten jedoch war es, wenn sie lachte. Sie hatte ein angenehmes, ansteckendes Lachen und sie lachte gern.
Natürlich hatte er sie immer nur von Weitem beobachtet – damit sie es nicht bemerkte. Er brachte es einfach nicht fertig, mit ihr zu sprechen. Immer, wenn er sie sah, wurden seine Hände schweißnass und ihm wurde heiß. Manchmal, wenn ihr Blick zufällig auf dem Schulhof in seine Richtung zeigte, spürte Tim, wie ihm die Röte regelrecht in die Wangen schoss. Ein Kollege hatte es kürzlich bemerkt und er konnte ihm gerade noch klarmachen, dass es mit seiner Pollenallergie zu tun hätte.
Die Mädchen waren inzwischen weit genug vor ihm, dass er gefahrlos hinter ihnen herlaufen konnte, ohne, dass sie ihn bemerken würden. Tim wusste, dass Laura sich gleich von den Anderen verabschieden würde, die den Bus in die Innenstadt nehmen mussten, während sie nur ein paar Straßen weiterlaufen musste. Sie wohnte nur etwa 500 m von der Wohnung seiner Eltern entfernt. Er würde also noch eine Weile hinter ihr herlaufen und sie aus der Ferne betrachten können, während sie vor ihm herlief. Er mochte es, ihr beim Laufen zuzusehen. Sie hatte so einen ganz besonderen Gang – nicht so affektiert, wie manche von den so genannten Freundinnen Lennarts, mit denen er immer so gern angab. Er verfolgte Laura noch, bis sie in die Straße abbog, in der sie wohnte. Tim redete sich ein, dass er sowieso denselben Weg hatte wie sie, doch, wenn er sich selbst gegenüber ehrlich war, hatte er einen kleinen Umweg gemacht.

Am nächsten Morgen versammelten sich die Schüler, wie üblich, auf dem Schulhof. Tim traf erst spät ein, da er sich nicht nach den Fahrplänen von Bussen richten musste und genau wusste, wann er von zu Hause loslaufen musste.
»Hey, da kommt unser Weiberheld!«, rief ihm Lennart schon von Weitem entgegen. Die anderen Jungen lachten hämisch. Tim wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Sagte er nichts und schluckte seinen Ärger nur hinunter, würden sie weitermachen, wenn er jetzt laut wurde, wäre es genauso. Er war für Lennart einfach das perfekte Opfer.
»Weiberheld! Ha ha ha …«
Eine Gruppe Mädchen kam vorüber und kicherte ebenfalls verhalten. Nur eine sah ihn nachdenklich an, während sie mit den Übrigen in Richtung des Haupteingangs lief. Es war Laura und Tim hatte das Gefühl, sie hätte mitten in ihn hineingesehen. Sofort färbten sich seine Wangen rot und er senkte den Blick. Erst als die Gruppe vorbei war, wagte er, ihnen hinterher zu schauen und sah gerade noch, wie Laura die Stufen zum Haupteingang emporstieg. Sie trug heute einen Jeansrock, der ihre Beine gut zur Geltung brachte. Dazu trug sie leichte Leinenschuhe, auf denen sie leichtfüßig die Stufen nahm. Für ihn war es eine Augenweide, sie einfach nur zu betrachten. Mehr war sowieso nicht drin, denn was sollte ein solches Mädchen mit einem Typen wie ihm?
Erst jetzt bekam er mit, dass die anderen Jungen ebenfalls in dieselbe Richtung blickten, wie er.
»Die ›Rote Zora‹ würde mich auch noch reizen«, verkündete Lennart soeben.
»Wie, mit der willst du gehen?«, fragte Kevin, ein Freund von Lennart.
»Na, was heißt ›mit ihr gehen‹? Aber mal in die Disco – ein bisschen rumknutschen und fummeln wäre doch ganz nett. Wenn du willst, kannst du sie ja hinterher haben.«
»Das wäre mir recht«, sagte Kevin und grinste anzüglich, »die ist schon richtig heiß.«
»In der Pause werde ich sie mal angraben«, meinte Lennart selbstgefällig. »Sie wird schon weichwerden.«
Tim glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Dieses Arschloch hatte doch tatsächlich vor, Laura anzubaggern. Er glaubte, sein Herz müsste stehen bleiben. Er spürte, wie sich sein Atem beschleunigte. Das durfte doch nicht wahr sein! Lennart hatte bisher noch Jede rumgekriegt, wenn man seinen Worten glauben konnte.
Seine Gedanken wurden durch die Schulglocke unterbrochen, die alle Schüler zum Unterricht rief.
Die ersten beiden Unterrichtsstunden vergingen, ohne, dass Tim viel davon mitbekommen hätte. Immer wieder dachte er an Lennart, der seine Laura anmachen wollte. Seine Laura? Tim hatte noch nie wirklich mit ihr gesprochen. Er hatte es einfach nicht geschafft, sich nicht getraut. Und nun kam dieser Gigolo daher und wollte sich nur ein paar nette Stunden machen? Mit seiner Laura? Er nahm sich vor, in der Nähe zu bleiben – für alle Fälle.

Als das Pausenzeichen kam, stürzte Tim förmlich auf den Pausenhof. Es dauerte nicht lange und auch die Mädchen der Stufe unter seiner erschienen. Sie versammelten sich dort, wo sie meistens standen und sich unterhielten. Tim näherte sich ihnen, wobei er darauf achtete, niemanden direkt anzusehen. Als er schließlich doch aufsah und nach Laura Ausschau hielt, konnte er sie in der Gruppe nicht entdecken. Ratlos ließ er seinen Blick umherschweifen. Sie musste irgendwo sein. Sie war immer auf dem Pausenhof. Dann endlich entdeckte er sie ganz in der Nähe des Haupteingangs. Lennart stand bei ihr und redete mit ihr.
Tim ließ alle Vorsicht fahren und rannte zu ihnen hinüber, bis er hören konnte, was gesprochen wurde.
»Ich wollte dir nur mitteilen, dass du am Samstag etwas vorhast, Kleine«, sagte Lennart eben zu Laura, die ihn aus zusammengekniffenen Augen anblitzte.
»Ich … bin … nicht … deine Kleine!«, zischte sie ihn an. »Und meine Wochenenden plane ich immer noch selbst.«
Lennart lachte leise. »Hab dich nicht so, Laura. Du siehst doch richtig heiß aus. Da würdest du doch wirklich gut zu mir passen. Außerdem hatte ich noch nie eine Rote … Oder bist du etwa eine Lesbe?«
Laura war einen Moment sprachlos, dann zeigte sie auf ihre Stirn. »Kannst du lesen, was hier steht, Lennart Büchner? Da steht ›Verpiss dich du Arschloch‹! Und jetzt zieh Leine.«
Lennarts Lächeln fror ein. Eine Abfuhr hier in der Schule, vor allen seinen Kumpels war nicht das, was er jetzt akzeptieren wollte. Er hatte schließlich einen Ruf zu verlieren.
»Ich hab es gern, wenn sich Frauen erst etwas sträuben«, sagte er. »Ich werde dir wohl erst zeigen müssen, was gut für dich ist.«
Er machte einen Schritt auf sie zu. Laura wich zurück.
»Lennart, ich meine es ernst«, sagte sie gefährlich ruhig. »Lass mich in Frieden und zieh Leine. Wenn du mich anfasst, bist du reif.«
»Reif?«, lachte Lennart, »Wenn hier jemand reif ist, dann bist du das, mein Engel. Du bist dermaßen reif für mich …«
Er trat noch einen Schritt näher.
Tim, der diesen Dialog die ganze Zeit über verfolgt hatte, war unschlüssig, was er tun sollte. Wie immer in solchen Situationen war die Pausenaufsicht nirgends zu sehen. Plötzlich traf er eine Entscheidung. Mit wenigen Sätzen war er bei den beiden und stellte sich zwischen sie.
Lennart war einen Moment verblüfft. »Was willst du Wicht denn, wenn Erwachsene sich unterhalten? Mach die Fliege, ich will mich mit meiner zukünftigen Freundin unterhalten.«
»Es reicht«, sagte Tim mit zitternder Stimme. »Lass Laura in Ruhe!«
»Tim, lass«, sagte Laura leise. »Er ist viel stärker als du.«
Tim atmete tief durch. Sie hatte ja recht und wahrscheinlich machte er einen Fehler.
»Nein!«, rief er, »Du lässt sie in Ruhe und machst hier die Fliege. Du fasst sie nicht an!«
Lennarts Verblüffung war verschwunden. Er fasste Tim am Kragen und schüttelte ihn.
»Dich lasse ich unter dem Arm verhungern, du Weiberheld.«
Er stockte einen Moment, dann lachte er laut los.
»Jetzt weiß ich, was hier los ist«, sagte er. »Du Blödmann bist in dieses Weib verknallt. Ausgerechnet eine Wurst wie du. Jetzt pass mal auf, wie ein Mann das regelt …«
Tim sah auf einmal nur noch rot und schlug mit seiner Faust zu. Er traf Lennart an der Augenbraue. Seine Hand schmerzte und ehe er sich versah, prügelte Lennart mit beiden Fäusten auf ihn ein.
»Weg, Tim!«, rief Laura mit einem Mal laut und zog ihn beiseite, sodass er sofort zu Boden stolperte. Lennart, der noch zu einem weiteren Schlag ausgeholt hatte, sah sich plötzlich einem äußerst wütenden Mädchen gegenüber, das seine Schlaghand griff und mit aller Kraft daran zog. Lennart verlor das Gleichgewicht. Laura verdrehte ihm den Arm und trat ihm unterhalb der Knie von hinten auf die Wade. Lennart klappte zusammen und stürzte zu Boden. Laura setzte sich auf seinen Rücken, Lennarts Arm hoch erhoben. Sein Gesicht klebte am Boden und er ächzte laut.
»Ich habe dir gesagt, du bist reif, du Großmaul«, sagte Laura im Plauderton. »Wenn du noch einmal Schwierigkeiten machst, breche ich dir den Arm. Hast du das verstanden?«
»Ja«, keuchte Lennart. »Ich habe verstanden. Lass meinen Arm los! Es tut weh!«
»Das soll auch wehtun«, sagte Laura. »Und komm mir nicht auf den Gedanken, dich an Tim zu rächen! Ich kann noch mehr als das hier.«
»Nein, nein, aber lass mich bitte los.«
Laura ließ von ihm ab und Lennart erhob sich. Man konnte deutlich sehen, dass er Tränen in den Augen hatte. Schnell war er verschwunden. Seine Freunde, die seine Niederlage mitbekommen hatten, sagten keinen Ton.
Laura hockte sich neben Tim auf den Boden.
»Ich danke dir, Tim«, sagte sie. »Das hättest du nicht tun müssen.«
»Doch«, sagte Tim und leckte sich etwas Blut von seiner Unterlippe, »Ich konnte nicht mit ansehen, wie er dich bedrängt hat, weil …«
»Weil?«, fragte Laura. »Weil du mich schon seit Wochen beobachtest? Weil du mich auf dem Heimweg verfolgst und weil du immer rot wirst, wenn ich dich ansehe?«
Die Hitze stieg Tim wieder in die Wangen. Eine weitere Demütigung vor allen Leuten – jetzt auch noch von Laura – würde er jetzt nicht ertragen. Er spürte die Blicke der gesamten Schülerschaft auf sich gerichtet. Sein Puls beschleunigte sich. Hätte er in diesem Moment einen Wunsch frei gehabt, er hätte sich an einen Ort, weit weg von hier, gewünscht. Doch er hatte diesen einen Wunsch nicht und Laura sah ihn forschend an. Diese Augen hielten seinen Blick einfach fest.
»… ich habe dich nicht … also ich wollte nie … Ich habe dich nicht verfolgt. Ich wohne doch auch …«
»Ja?«, fragte Laura auffordernd.
»Ich habe doch denselben Weg wie du.«
»Denselben Weg also«, sagte Laura mit ernstem Gesicht. In ihren Augen war kein Anzeichen von Spott zu erkennen. »Tim, wir wohnen nicht in derselben Straße. Du hast einen Umweg gemacht, oder etwa nicht?«
Tim fühlte sich, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Er erkannte, dass es keinen Zweck hatte, es weiter zu leugnen. Inzwischen hatten es sowieso alle mitbekommen.
»Ich wusste nicht, dass du es bemerkt hast«, sagte er resignierend. »Ich war doch so vorsichtig.«
Ein leichtes Lächeln stahl sich auf Lauras Lippen.
»Also hast du mich absichtlich verfolgt«, stellte sie fest. »Aber warum hast du es getan?«
Sie zögerte einen Moment, um ihm Gelegenheit zu geben, etwas zu sagen, doch er schwieg und kaute auf seiner Unterlippe.
»Vielleicht, weil du mich magst?«, fragte sie vorsichtig. Tim begann zu begreifen, dass sich dieses Gespräch in eine für ihn vollkommen unerwartete Richtung bewegte. Ihm wurde wieder heiß und sein Puls war bis in den Hals zu spüren. Sein Hals fühlte sich trocken an.
»Ja«, gab er leise zu.
»Ich hatte mich schon gefragt, wann du mich endlich einmal ansprechen würdest«, sagte sie.
»Ich?«, wunderte sich Tim.
»Ja, du«, sagte Laura lächelnd und angelte in ihrer Tasche nach einem Papiertaschentuch. »Du bist mir schon vor einiger Zeit aufgefallen. Du warst ernster als die anderen Jungen und hast dich nicht an den Macho-Sprüchen der anderen beteiligt. Ich mag deine stille, zurückhaltende Art. Wie ich gehört habe, liest du viel. Das tue ich auch. Ich dachte allerdings nicht daran, dass du dich erst für mich prügeln müsstest, bevor wir uns unterhalten können.«
Sie begann, das Blut aus Tims Gesicht zu tupfen, was ihm unglaublich gut tat.
»Na, du wusstest dir aber durchaus gegen Lennart zu helfen«, meinte Tim.
Laura lachte leise. »Kampfsport. Manchmal ist er zu etwas gut. Ich mach das schon seit ein paar Jahren im Verein. Komm, wir gehen ins Gebäude. Du musst dir unbedingt das Gesicht waschen.«
Er erhob sich und zog Laura mit der Hand hoch. Sie standen ganz dicht voreinander. Tim konnte ihren Duft riechen. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und fragte:
»Laura, würdest du denn mit mir am Samstag etwas zusammen unternehmen?«
Sie strahlte ihn an und entblößte dabei eine Zahnspange, was Tim unglaublich süß fand.
»Sehr gern, Tim«, sagte sie. »Sehr gern unternehme ich etwas mit dir. Was hast du dir denn vorgestellt? Wollen wir zur Disco gehen?«
Tim druckste herum. »Ja … vielleicht …«
Laura machte ein enttäuschtes Gesicht. »Das klingt nicht begeistert.«
»Doch«, beeilte sich Tim zu sagen, »es ist nur … nur … Ich kann nicht tanzen.«
Laura starrte ihn einen Moment lang schweigend an, dann hellte sich ihre Miene auf. »Dann sind wir jetzt schon zwei. Richtig tanzen kann ich auch nicht. Aber das, was man dort tanzt, bekommen wir beide schon hin. Hauptsache wir tun es zusammen. Was denkst du?«
»Dann haben wir jetzt ein richtiges Date?«, fragte Tim, der es immer noch nicht glauben konnte, »Nur wir beide?«
Laura nickte heftig, wobei ihr Pferdeschwanz heftig wippte. »Ja, das haben wir.«
Tim blickte in die Runde. Etliche Mitschüler hatten sich seit dem Streit mit Lennart eingefunden und blickten neugierig zu den beiden herüber. Es war ihm egal. Lachend wandte er sich wieder zu Laura und nahm sie in in den Arm. Sie ließ es lachend geschehen und schmiegte sich an ihn.
Einige Schüler applaudierten. Sie bemerkten es nicht. Sie waren einfach glücklich. Erst als es zum Unterricht schellte, trennten sie sich wieder.
»Wie viele Stunden hast du heute?«, fragte Tim.
»Fünf«, antwortete Laura, »und du?«
»Auch fünf.«
»Dann können wir nachher gemeinsam nach Hause gehen, nicht wahr?«, fragte sie. »Und lass dir nicht einfallen, wieder in fünfzig Metern Abstand hinter mir herzuschleichen.«
»Nie wieder!«, sagte er lächelnd und gab ihr einen zaghaften Kuss auf die Wange. Mehr traute er sich vor all den Leuten doch nicht.
Er winkte ihr noch einmal zu, als sie in ihrer Klasse verschwand, dann ging auch er in seine Klasse, wo er an Lennart vorbeikam, der ihm nicht in die Augen sah. Tim fühlte sich großartig und beschwingt. Irgendwie kam er sich auf einmal größer vor – und nach der Schule würde er mit dem tollsten Mädchen der Schule nach Hause gehen.

Das Leben konnte so schön sein.

3 Replies to “Die Mauerblume”

  1. Tim und Laura. Ihr gemeinsames erstes Date, kommt zustande, nachdem der sonst so scheue Tim Laura zur Hilfe kommt, um sie gegen den aufdringlichen Lennart zu verteidigen. Eine Schulhofgeschichte, die nicht nur den jugendlichen Lesern gefällt.

  2. Tim und Laura – ihr erstes Date kommt zustande, nachdem der scheue Tim Laura vor dem aufdringlichen Lennart beschützen will und ihr zu Hilfe eilt, um sie notfalls zu verteidigen.
    Eine schöne Schulhofgeschichte, die nicht nur den jugendlichen Lesern gefallen wird.

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